Im Hochregallager des neuen Logistikzentrums der Infracor Lager- und Speditions-GmbH im Chemiepark Marl arbeiten keine Menschen. Aus Gründen des Brandschutzes wird der Sauerstoffgehalt durch die Zufuhr von Stickstoff von gewöhnlichen 21 auf 13% reduziert. Mitarbeiter, die zur Wartung oder zur Kontrolle die Schleusen zum Hochregallager passieren müssen, haben sich zuvor einem Gesundheitscheck zu unterziehen. So schreibt es das Amt für Arbeitsschutz vor.
Für 21 Mio. € hat sich die Infracor-Tochtergesellschaft das top-moderne Logistikzentrum bauen lassen. Genutzt wird es vorwiegend von allen Unternehmen im Chemiepark – natürlich können auch Firmen jenseits des Zauns die komplette Angebotspalette des Chemie-Dienstleisters nutzen.
Auf 30.000 m2 entstand das schlüsselfertige Zentrum. Es umfasst ein dreistöckiges Umschlagsgebäude mit Warenein- und -ausgang, Hochregallager, mehrere Dienstleistungsbereiche für Post und Paketumschlag, Etikettierung, Kommissionierung, Muster- und Probenraum, eine moderne Abfüllanlage für Gefahrstoffe und entzündliche Flüssigkeiten, die optimal und dem heutigen Stand der Technik entsprechend integriert ist.
Das Hochregallager hat 23.000 Palettenplätze, das separate Lager für entzündliche Flüssigkeiten ca. 1.000. Über eine automatische Elektrohängebahn erfolgt der Palettentransport von den Regalen zur Kommissionierzone. Eine mögliche Erweiterung des Logistikzentrums in fünf oder zehn Jahren wurde bei der technischen Konzeption und der Wahl des Standortes bereits berücksichtigt.
Logistikzentrum erlaubt eine hohe Flexibilität
Um das neue Logistikzentrum richtig dimensionieren zu können, erfolgte eine genaue Datenerhebung: Lagerbestände in Tonnen, Anzahl Paletten, Mengen im Lagereingang und Versand, Kommissionieraufwand, Anzahl, Größe und Struktur der Aufträge, Anteile von Sackware, Fässern, Big Bags sowie Mengen bei der Flüssigkeitsabfüllung.
„Das Lager-Geschäft, besonders in der Spezialchemie, ist geprägt durch die große Typenvielfalt", erklärt Geschäftsführer Dr. Dietmar Ruttert. „Hinzu kommt, dass vielfach kleine Mengen in Auftrag gegeben werden und bei den Lieferzeiten eine hohe Flexibilität gefordert ist. Dadurch ergeben sich höhere Anforderungen an die Lagerlogistik als bei commodity-Produkten. Bestellungen über E-Commerce erfordern darüber hinaus leistungsfähige und exakte Bestandsführungssysteme."
Das 40 m hohe neue Gebäude fasst die zuvor dezentrale Lagerhaltung zusammen. Die Umschlagzahlen können erhöht, die Dauer der Auftragsabwicklung kann drastisch verkürzt werden. Das senkt die Kosten, und davon profitieren die Kunden, die aus dem Chemiepark Waren beziehen.
„Wir wollen unsere Position als kompetentes Dienstleistungsunternehmen deutlich ausbauen. Doch gerade im Bereich der komplexen Chemielogistik können wir dieses Ziel nur erreichen, wenn wir die eigene Wettbewerbsfähigkeit und die unserer Kunden durch intelligente und innovative Lösungen weiterentwickeln", sagt Dr. Dietmar Ruttert.
Nicht zuletzt sieht der Geschäftsführer den Standort in unmittelbarer Nachbarschaft zum Umschlag Terminal Marl sowie der Spedition als optimale Basis für eine effiziente Lagerlogistik, „die wir unseren Kunden als erfahrener und kompetenter Dienstleister auf hohem Qualitätsniveau bieten".
Maschinen dominieren den Lagerablauf
Im Leitstand sitzen drei Mitarbeiter, die an ihren Monitoren die Technik überwachen und die Auftragseingänge abarbeiten. Im Bereich des Warenein- und -ausgangs ist eine Hand voll Männer mit Gabelstaplern unterwegs, um die Paletten zwischen Förderanlage und Lkw hin und her zu transportieren. Der Rest läuft automatisch ab.
Für 20.000 t Ware – das sind 1.000 Lkw-Ladungen – ist Platz im neuen Hochregallager. Inzwischen sind 15.000 t Produkte verstaut: hochwertige technische Kunststoffe, aus denen Kraftstoffleitungen für Automobile oder Skier für Sportler hergestellt werden, flüssige Polymer-Dispersionen, die man für die Produktion von Teppichböden benötigt, oder Tenside, der Grundstoff für Waschmittel. Der zentrale Lagerverwaltungsrechner gibt bei einer Bestellung die Koordinaten an eines der neun „Regalbediengeräte" weiter, die – wie von Geisterhand gesteuert – zwischen den 18 Regalen in neun Gassen (jede ist 110 m lang) vor und zurück fahren.
An einer Schleuse übernimmt eine andere Maschine, die aus 20 offenen „Gondeln" bestehende Elektrohängebahn, die Ware, um sie – lautlos – zur Abnahmestelle zu bringen. Dort wartet ein Mitarbeiter mit dem Gabelstapler.
Dem Menschen sind in diesem System sehr enge Grenzen gesetzt. Als Besucher darf er gerade einmal einen Blick durch ein Fenster in das sauerstoffreduzierte Hochregallager werfen. Im Bereich des 300 m langen, mit Weichen bestückten Schienensystems der Hängebahn bewegt er sich hinter mannshohen Metallzäunen. „Würde ich ein Zaunelement öffnen, bliebe sofort alles stehen", sagt Dr. Dietmar Ruttert.
Die Abhängigkeit der gesamten Chemiepark-Logistik von Rechnern und Maschinen bereitet dem Geschäftsführer kein Unwohlsein. Wie alle Produktionsanlagen am Standort sei auch das neue Zentrum an zwei unabhängige Stromversorgungen angeschlossen. Und die Daten über Art, Menge und Lagerort der Waren sind nicht nur auf zwei Rechnern, sondern auch noch in verschiedenen Gebäudeteilen gesichert.
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