In vielen Zeitungen, nicht nur in Fachjournalen, macht RFID immer mehr sowohl positive als auch negative Schlagzeilen, sei es durch die Integration in Ausweise, oder durch die Ankündigung großer Kaufhausketten, Kundenkarten und alle Waren mit RFID Etiketten auszurüsten. Werden auf der einen Seite die Kosteneinsparungen und die Kundenorientiertheit betrachtet, so steht auf der anderen Seite die Angst vor dem „Gläsernen Menschen“. Die Vor- und Nachteile dieser Applikationen sind viel diskutiert worden und werden sicher weiterhin im Mittelpunkt vieler öffentlicher Diskussionen stehen, sollen aber an dieser Stelle nicht weiter besprochen werden.
Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit setzt ein Bereich, die industrielle Fertigung schon seit Jahren auf RFID Systeme. Hier werden keine Proteste gegen den Einsatz von RFID Systemen erhoben. Was zeichnet den Einsatz in der Industrie aus, wo werden die Systeme eingesetzt und wie sehen sie aus?
Betrachten wir zunächst einmal die modernen Fertigungsprozesse am Beispiel der Automobilproduktion. Es hat eine Entwicklung hin zum „individuellem Auto“ eingesetzt, die beinahe zwangsläufig den Einsatz von RFID Systemen mit sich brachte. Wurden früher die Autos quasi von der Stange gekauft, so wird heute jedes Auto von dem Käufer im Vorfeld bestimmt. Nahezu jedes unterscheidet sich und erhält individuelle Eigenschaften. Um diese Eigenschaften durch die gesamte Produktion transparent zu halten und jederzeit verfügbar zu haben, ist es notwendig, jedes Auto vom Anfang an zu kennzeichnen. Dies geschieht mit den unterschiedlichsten Mitteln, da eine durchgängige Lösung für die gesamte Fertigungskette nicht existiert bzw. an den Kosten scheitert, denn eine weitere Besonderheit in der Automobilfertigung ist das Aufeinandertreffen beinahe aller klassischen Produktionsprozesse. So finden sich Elemente des Maschinenbaus neben denen des Transports, der Handhabung und der Logistik ebenso wie allgemeine Metallverarbeitung, Lack, Pressen etc., eine Vielzahl unterschiedlicher miteinander verketteter Prozesse mit unterschiedlichen Anforderungen, die teilweise erheblich von denen der reinen Warendistribution differieren.
So stehen hier neben der Geschwindigkeit und Sicherheit auch die Forderung nach robusten, gegen Störungen jeglicher Art unempfindliche und gegen extreme Temperatureinflüsse widerstandsfähige Systemen im Vordergrund.
Strukturell unterscheiden sich die Systeme allerdings kaum (siehe Abb. 1: Systemübersicht).
Jedes RFID System besteht immer aus Datenträgern (TAGs), Schreib-Lese-Köpfen (Transceivern), Interfacemodulen, der überlagerten Ebene aus Steuerungen und ggf. Warenwirtschaftssystemen sowie der notwendigen Software Implementierung. Die Ähnlichkeit mit Identifikationssystemen auf Basis von Barcode ist frappierend. Ersetzt man TAGs durch Barcodelabel und Transceiver durch Scanner, so entsteht das altbekannte Barcode System mit all seinen Vor- und Nachteilen. Es scheint also so, als wäre die Zeit stehen geblieben. Dies ändert sich, wenn man die Struktur in seine Komponenten auflöst und diese einzeln mit ihren Eigenschaften betrachtet. Trotzdem erleichtert diese Verwandtschaft die Integration in die Automatisierungswelt erheblich.
Datenträger, standardisiert auch für extreme Temperaturen
Barcodelabel, ob nun ein oder zweidimensional, sind immer nur in einer Richtung wirksam, man kann nur lesen. Dies galt auch in den Anfängen der RFID Technik, denn die ersten Datenträger hatten reine Lesespeicher, so dass im Wesentlichen die Robustheit, die Unempfindlichkeit gegen Schmutz und Feuchtigkeit und das Erkennen auch durch undurchsichtige Medien hindurch als Vorteile gegenüber den Barcodesystemen angesehen werden konnten. Dies hat sich bis heute drastisch geändert. Moderne Datenträger haben wieder beschreibbare Speicher auf Basis von EEPROM und neuerdings auch FRAM Technologie und werden in Speichergrößen bis zu 64kByte angeboten. FRAMs lassen sich bis zu 1010 mal beschreiben, EEPROMs bis 5 x 105 mal und bieten dabei noch eine deutlich höhere Geschwindigkeit. Werden also erhebliche Anforderungen an die Geschwindigkeit gestellt, oder müssen tatsächlich immer wieder Daten auf dem TAG hinterlegt werden, so kann die Wahl nur auf einen Datenträger mit FRAM Speicher fallen. Werden z.B. im Sekundenrhythmus Daten geschrieben, so ist bei einem EEPROM der Speicher schon nach 6 Tagen nicht mehr sicher zu verwenden, bei einem FRAM erst nach mehr als 300 Jahren.
Ebenso haben sich die Übertragungscharakteristika entwickelt. Wurde zu Beginn als Quasi Standard die Übertragung mit 125kHz oder alternativ mit proprietären Frequenzen wie z.B. 1,5MHz genutzt, so sind heute die unterschiedlichsten Frequenzen im Einsatz. Dabei sind weltweit einheitlich tatsächlich nur 3 Frequenzen erlaubt, die 125 kHz, die 13,56 MHz und die 2,45GHz, d.h. für weltweit operierende Unternehmen kommt eigentlich nur eine dieser Frequenzen in Frage. In der industriellen Anlagentechnik wird daher vermehrt auf die in der ISO 15693 standardisierte 13,56 MHz Technologie gesetzt, da sie auf der einen Seite noch eine direkte Versorgung der Datenträger über das RF-Feld erlaubt, im Vergleich zu der 125kHz Technik eine um ein Vielfaches schnellere Übertragung ermöglicht und gleichzeitig weit außerhalb industrieller Störfelder liegt.
Neben diesen Störungen treten in vielen Fertigungen extreme Temperaturen auf, denen die Datenträger ausgesetzt werden. So werden Temperaturbereiche von
-40…+210°C durchaus gefordert. Lösungen bieten hier spezielle Datenträger, die entsprechend geschützt den Temperaturen widerstehen können. Die BLident HT Lösungen zeichnen sich hier durch extrem kleine Abmessungen und der Verwendung von Standarddatenträgern aus und ermöglichen so den flächendeckenden Einsatz (siehe Abb.2: HT-Datenträger). So können mit den gleichen Schreib-Lese-Köpfen sowohl die HT-Datenträger als auch die deutlich preiswerteren „Normalausführungen“ gelesen und beschrieben werden.
Schreib-Lese-Köpfe
Hier sagt schon die Bezeichnung den Unterschied an. Schreiben und Lesen von Daten ist möglich, im Gegensatz zu dem reinen Scannerbetrieb der Barcodesysteme bzw. einiger veralteter RFID Systeme, die immer noch reine Lese-Köpfe, aus der Zeit, als es „Read-Only-Datenträger“ gab, benutzen. Auch das von vielen verwendete Kunstwort „Transceiver“ sagt nichts anderes aus, ist es doch nur zusammengesetzt aus dem Englischen „Transmit“ und „Receive“. Für den industriellen Einsatz bieten sich dabei die, sich im Laufe von Jahrzehnten als optimal herausgebildeten standardisierten Bauformen der Sensortechnik an. Sie lassen sich optimal in das jeweilige Umfeld integrieren, jeder Monteur weiß wie sie zu installieren sind und es wird eine Vielzahl von Befestigungshilfen angeboten (siehe Abb. 3: Schreib-Lese-Köpfe). Bei der Installation sind letztlich ähnliche Restriktionen wie bei dem Einsatz induktiver Sensoren zu beachten, wie z.B. bündig – nichtbündig oder auch die Abstände zueinander um eine gegenseitige Beeinflussung zu vermeiden. Hilfreich sind hier Funktionalitäten, die das wechselseitige Aus- und Abschalten erlauben. So können die Distanzen zwischen den Schreib-Lese-Köpfen der Anwendung angepasst werden, ohne dass eine Beeinflussung untereinander stattfindet.
Zusammenspiel zwischen Datenträger und Schreib-Lese-Köpfen,oder auch die Fragen nach: “erreichbaren Abständen, Geschwindigkeiten und Datenmengen“, die „Gretchenfragen“ für viele Anwender. Zumeist wird man mit diesen Fragen als Erstes konfrontiert, denn das sind letztlich die bekannten Parameter aus der Applikation, die die Anwender beschreiben können. Größen wie: „Empfohlener Schreib-Lese-Abstand = 40mm“ oder „Datenübertragung mit 2kBit/s“ etc. hingegen sind nur hilfreich, wenn man ausführliche Rechenaufgaben lösen möchte, denn jede Kombination aus Datenträger und Schreib-Lese-Kopf liefert andere Werte. Hilfreich sind hier Simulatoren, wie z.B. der Konfigurator von BLident, die die entsprechenden Rechnungen automatisiert durchführen und dem Anwender ein „Spielen“ mit den Applikationsvariablen erlauben um ihn zu einer möglichen Auswahl für seine Anwendung zu führen. (Siehe Abb.4: Eine Momentaufnahme aus dem BLident Konfigurator.)
Der Anschluss nach oben, die Interfacemodule
Zwar ist das Zusammenspiel zwischen den Datenträgern und den Transceivern ein Hauptmoment aller RFID System, jedoch ist die Ankopplung an die Steuerungswelt nicht ohne Tücken. Oftmals treten hier Verzögerungen und ähnliche Schwierigkeiten im Kommunikationskanal auf. Dadurch werden die Reaktionszeiten und damit die Applikationsgeschwindigkeiten reduziert, die Produktionskosten also unnötig in die Höhe getrieben. BLident setzt hier auf die Trennung, das heißt auf die asynchrone Bearbeitung der einzelnen Befehle. So können Lese- und Schreibbefehle, unabhängig von der Anwesenheit eines Datenträgers im so genannten „Air-interface“ der Transceiver, in den Interfacemodulen abgespeichert werden. Beim Eintreten eines Datenträgers in das „Air-interface“ werden sie dann ohne jede Verzögerung abgearbeitet. Theoretische Applikationsgeschwindigkeiten von bis zu 30m/s sind möglich. Die gelesenen Daten werden in den Interfacemodulen hinterlegt und können dann nacheinander von der überlagerten Steuerungsebene angefordert werden, ohne dass ein Zeitverzug in der Applikation auftritt. Ein Lesen und Schreiben „On the Fly“, also in der Bewegung wird möglich und die Produktionsgeschwindigkeiten können nicht unerheblich gesteigert werden. Bei der Anbindung an die Steuerungswelt bietet BLident die Möglichkeit, auf in den meisten Applikationen schon verwendete Standards, wie z.B. Profibus, DeviceNet oder Ethernet, zurückzugreifen. So genannte Standardfunktionsbausteine erleichtern die Integration in die bekannte Steuerungswelt. Auch bei Erweiterungen bietet das System eine einfache Lösung. Durch Hinzufügen von Interfacemodulen lässt sich die Kapazität eines Feldbusknotens auf bis zu 8 Schreib-Lese-Köpfe ausdehnen und erhöht durch diese potentielle Reserven die Planungssicherheit (siehe Abb. 5: 2-, 4-, 6-, 8-kanaliges Interfacemodul). Alle so angeschlossenen Transceiver werden parallel abgearbeitet.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass BLident viele Eigenschaften bisheriger RFID Systeme in sich vereinigt und mit Neuerungen zusammenführt, so dass eine Lösung entstanden ist, die den Anforderungen einer modernen Produktion nach einem „Mehr“ an Funktionalität und Flexibilität sowie den Druck zur Kostenoptimierung miteinander vereinigt. Manchmal ist das Ganze eben doch mehr als die Summe der Eigenschaften.
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