Die Fertigung in Reimräumen bedeutet für alle Beteiligten in jeder Hinsicht eine große Herausforderung. Geht es aber um die Reinraum-Produktion von Kunststoffteile für die Medizintechnik, dann verschärfen sich die Bedingungen nochmals erheblich. Ein Beispiel dafür stellt die Realisierung einer vollautomatischen Produktionsanlage für die autarke Herstellung durch Spritzgießen sowie die Kontrolle und Verpackung von so genannten Membran-Fixierringen dar. Initiator und Auftraggeber war die Firma Gemü GmbH aus Rotkreuz, projektiert und gebaut und auch als Generalunternehmer verantwortet hat die Produktionsanlage die Firma GHS Automation AG aus Schwarzenburg (bis 31. März 2005 Geiger Handling Systems AG). Diese hat im Bereich Kunststoffteile-Handling und Roboter gestützter Systemlösungen international einen sehr guten Namen und kann auf die Erfahrungen aus einer Vielzahl von Referenzprojekten zurückgreifen. Basierend auf einer breiten Palette an eigenen, weitgehend standardisierten System- oder Anlagen-Komponenten wie Angussentnahmegeräte und Linearrobotern oder auch von extern gelieferten 6-Achsen Industrierobotern, konzipieren die Handling-Spezialisten bevorzugt vollautomatische Produktionsanlagen für die Kunststoffteile-Fertigung. Je nach Integrationsgrad der Spritzgieß- oder Thermoformmaschinen und Auslegung der Materialfluss-Peripherie, können solche Anlagen quasi rund um die Uhr arbeiten, wie das auch beim Gemü-Projekt der Fall ist. Hier kam erschwerend hinzu, dass sowohl die Produktion als auch die Entnahme und die Verpackung besagter medizintechnischer Membran-Fixierringe zwingend unter Reinraum-Bedingungen erfolgen müssen.
Automatisieren in Reinräumen setzt geeignete System-Komponenten voraus
Im Klartext bedeutete dies, dass im Bereich der vom Kunden gestellten Spritzgießmaschine vom Typ Demag Ergotech 80/420 eine Reinraumzone der Klasse 6 nach ISO 14644-1 geschaffen werden musste, und dass diese Zone auch den gesamten Bereich des Teile- und Verpackungs-Handlings einschloss. Für die im Vorraum zu erledigenden Arbeiten, die zum Beispiel das Beschicken eines Magazins mit leeren Schlauchbeuteln sowie die Ablage für in Schlauchbeutel verpackte Membranringe und darüber hinaus die Ablage für Ausschuss-Teile beinhalten, galt es einen Reinraum der Klasse 7 nach ISO 14644-1 zu erstellen, so dass sämtliche Produktions- und Handling-Abläufe bis zur Ausgabe der verpackten Fertigprodukte unter den jeweils geforderten Reinraum-Bedingungen stattfinden. Die Schnittstelle zwischen dem Reinraumbereich der Klasse 6 (Spritzgießmaschine und Roboter-Handling) und dem der Klasse 7 bilden Schubladen ähnliche Boxen. Dadurch ist sichergestellt, dass während dem Produktionsbetrieb die Reinraumsektoren nicht betreten werden müssen, was auf Grund des durchgängig hohen Automatisierungsgrades der gesamten Produktionsanlage sowieso nur bei Störungen oder Revisionen der Fall ist. „Logistisches Herz" der Produktionsanlage für die Membran-Fixierringe ist ein 6-Achsen-Industrieroboter, der sämtliche Handling-, Verteil- und Verpackungsaufgaben bis hin zur Übergabe der Teile in die dafür vorgesehen Boxen erledigt. Den Anforderungen der Reinraum-Bedingungen folgend, wurde ein Roboter des Typs Stäubli RX 130 ausgewählt und mit einem von GHS konstruierten und gebauten Multifunktions-Greifersystem versehen. Die weiteren Komponenten der Produktionsanlage sind die erwähnte Spritzgießmaschine Demag Ergotech 80/420 ebenfalls in Reinraum-Ausführung, ein Einfach-Spritzgießwerkzeug mit wahlweise manueller Umstellung für drei Varianten-Membran-Fixierringe, ein Grundgestell zur Aufnahme des Einschubmagazins für die leeren Schlauchbeutel, für die Schubladenbox „gefüllt und verschweißte Schlauchbeutel" sowie die Schubladenbox für den Ausschuss, eine Beutel-Befüllstation und schließlich eine Beutel-Schweißstation.
Zentrale Handling-Bausteine:
6-Achsen-Industrieroboter und
multifunktionales Greifersystem
Anhand des Funktionsablaufs, der hier beschrieben ist, wird sehr schnell deutlich, welch zentrale Rolle die multifunktionale Einheit Roboter und Greifersystem einnehmen. Der Handling- und Materialfluss-Prozess beginnt in der Station 1 mit der Zuführung und Vereinzelung des Schlauchbeutels aus dem Magazin und per elektrisch betriebener Hubeinheit. Wie schon angedeutet, erfolgt die Beschickung des Magazins mit Schlauchbeuteln manuell im Vorraum (Reinraumklasse 7) und das Magazin wird dann über einen Einschub in den Reinraum der Klasse 6 gebracht. Von dort nimmt der Roboter mit dem Schlauchbeutel-Vakuum-Greifermodul einen Beutel und bringt diesen in die Station 2 Beutel-Bereitstellung. Hier wird der Beutel mit Vakuumsaugern festgehalten und fixiert und der Roboter öffnet, durch Verfahren mit dem Vakuumgreifermodul, den Beutel. In den geöffneten Beutel fährt von oben ein Einfüll-trichter (Station 4) ein. Währenddessen holt der Roboter mit dem Teile-Greifermodul einen fertigen Membran-Fixierring, und auch den Anguss dazu, aus dem Spritzgießwerkzeug (Station 3) ab. Der Anguss wird dabei direkt in einen Behälter unter dem Werkzeug abgeworfen und der Roboter verfährt mit dem Membran-Fixierring über den Einfüll-trichter. Nach dem Abwerfen in den Schlauchbeutel übernimmt erneut das Vakuum-Greifermodul den jetzt befüllten Beutel, verfährt diesen zur Schweißstation (Station 5) und dort wird der Beutel im Durchlaufverfahren versiegelt. Danach befördert der Roboter den gefüllten und versiegelten Beutel über die Fertigteil-Box (Station 6) und legt ihn dort nach einem Palettiermuster ab. Erhält der Roboter beim Zyklus-Start ein Signal aus der SGM bzw. dem Spritzgießwerkzeug, verfährt der Roboter nach der Teile-Entnahme direkt über die Ausschussbox (Station 7) und wirft das fehlerhafte Teil ab. Sowohl die Fertigteil-Box als auch die Ausschuss-Box lassen sich über Einschübe aus dem Bereich der Reinraumklasse 6 in den für autorisiertes Personal zugänglichen Sektor der Reinraumklasse 7 befördern und dort manuell entladen.
Resümee
Mit der Automatisierung dieser Reinraum-Produktionsanlage für Membran-Fixierringe wurde ein hoch effizientes Herstell-, Kontroll- und Verpackungssystem realisiert, dass über einen Zeitraum von 1,3 Stunden vollkommen autonom produzieren kann. Die Zykluszeit pro Teil beträgt dabei 40 Sekunden, die Eingriffszeit für die Teile- und Anguss-Entnahme aber nur 3,5 Sekunden. Folglich muss der Roboter, trotz des komplexen weil multifunktional ausgelegten Greifersystems, mit hoher Dynamik und Geschwindigkeit die Teile- und Angussentnahme durchführen, während er für die anderen Operationen durchaus genügend Zeit hat. Wegen des Greifergewichts und der erforderlichen dynamischen Bewegungen sowie der verschiedenen zu bedienenden Stationen, die sich in entsprechenden Entfernungen befinden, entschloss man sich gleich zur Installation eines größeren Roboters. Dank der hohen Funktions-Integration konnte die Automatisierung dieser Produktionsanlage mit einer vergleichsweise geringen Anzahl an Komponenten durchgeführt werden, was sich natürlich sehr positiv sowohl auf die technische Verfügbarkeit und die Prozesssicherheit als auch auf den Service und schließlich die Ersatzteilhaltung auswirkt.
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