Als Teil der Kritischen Infrastruktur (KRITIS) haben Krankenhäuser eine besondere Verpflichtung, die Verfügbarkeit ihrer Dienstleistungen sicherzustellen. Dazu zählt auch, dass sie die potenziellen Risiken für die Funktionsfähigkeit ihrer Prozesse kennen und geeignete Strategien zu deren Minimierung entwickeln. Eine der größten Gefahren ist in diesem Zusammenhang Feuer: Laut Statistik des BVFA (Bundesverband Technischer Brandschutz) hat es allein im Januar 2022 in fünf deutschen Krankenhäusern gebrannt. Etwa 34 Prozent aller Schäden in Krankenhäusern werden durch Brände verursacht – nicht nur in Form von häufig erheblichen Sachschäden, sondern auch in Folge von Betriebsausfällen und Imageproblemen.
Ein effektiver Brandschutz ist daher unverzichtbar. Dabei stehen Krankenhäuser vor charakteristischen Herausforderungen: Der Schutz und die Rettung von Personen haben natürlich auch hier oberste Priorität. Anders als etwa in einem Bürogebäude sind dort jedoch zum großen Teil Patienten betroffen und damit auch Menschen, die sich unter Umständen nicht aus eigener Kraft retten können. Da kann das Personal als vermeintliche Ersthelfer schnell an seine Grenzen kommen. Hinzu kommt, dass Universitäts- und Innenstadtkliniken meist historisch gewachsene Komplexe mit vielen Gebäudeteilen und einer dementsprechend weitläufigen Topologie sind. Auch denkmalschutztechnische Aspekte sind zu beachten.
Charakteristische Brandursachen
Untersucht man Brände im Krankenhaus, ist zunächst einmal die Uhrzeit interessant: 60 Prozent der Brände entstehen nachts zwischen 19 und 6 Uhr. Als häufigste Ursachen fallen vor allem zwei Risikofaktoren auf: technische Fehler und menschliches Verhalten. So sind zum Beispiel menschliche Unachtsamkeit oder auch demente Patienten durchaus Faktoren, die mit im Auge behalten werden sollten. Gleiches gilt für heimliches Rauchen.
Brandursache Nummer eins ist nach Zahlen des BVFA und des Instituts für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS) aber Elektrizität, auf die 31 Prozent der erfassten Brandereignisse zurückgehen. Das ist nicht nur in Krankenhäusern so. Tatsächlich ist dort die Dichte von Elektrogeräten und -anlagen aber besonders hoch. Oft sind es außerdem technische Neuerungen, die zusätzliche Brandlasten in die Einrichtungen tragen. Ein Beispiel sind Lithium-Ionen-Akkus in elektrischen Mobilitäts- und Pflegehilfen.
Gesetzlicher Rahmen
Zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Regelungen geben den Rahmen für die brandschutztechnische Ausstattung von Krankenhäusern vor: allen voran die Musterbauordnung (MBO), die Krankenhausbauverordnung (KhBauVO) und die Richtlinie VdS 2226: 2008-01 (Krankenhäuser, Pflegeheime und ähnliche Einrichtungen – Richtlinien für den Brandschutz). Darüber hinaus gelten die Landesbauordnungen (LBO) und Sondervorschriften der Länder. Und nicht zuletzt sind anwendungsspezifische Vorgaben zu beachten, etwa die technischen Regeln für den Arbeitsschutz oder Normen für barrierefreies Bauen.
Die Situation der aktuell gültigen Vorschriften und Richtlinien ist allerdings alles andere als einheitlich und unterscheidet sich zudem von Bundesland zu Bundesland. Einigkeit besteht aber in zwei wesentlichen Punkten: Verantwortlich für den Brandschutz in Krankenhäusern ist der jeweilige Betreiber. Und die genannten Vorgaben sind dabei lediglich als Mindestanforderungen zu verstehen.
Wie genau der Betreiber den gesetzlichen Mindestrahmen ausfüllen bzw. übertreffen möchte, ist seine Entscheidung. Er legt gemeinsam mit den zuständigen Stellen, dem Planer und gegebenenfalls mit dem Errichter die Details fest. Ein individuelles Brandschutzkonzept (in der Behördensprache auch häufig Brandschutznachweis genannt) definiert die Schutzziele und beschreibt, mit welchen organisatorischen, personellen, technischen und baulichen Maßnahmen diese erreicht werden. Die Grundlage für das Brandschutzkonzept ist wiederum ein übergreifendes Sicherungskonzept. Mit der Baugenehmigung wird auch das dazugehörige Sicherungskonzept rechtsgültig. Konkret umgesetzt wird das Brandschutzkonzept schließlich in einem Brandmelde- und Alarmierungskonzept. Es definiert Funktions- und Systemumfang und bildet damit die Aufgabenbeschreibung zur Planung einer Brandmelde- und Alarmierungsanlage.
Anwendungsspezifische Lösungen
In aller Regel wird das Brandmelde- und Alarmierungskonzept an vielen Stellen anwendungsspezifische Lösungen enthalten, die durch zusätzliche Brandschutztechnik über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Wie das im Einzelfall aussehen kann, zeigen vier Anwendungsszenarien:
► Patientenzimmer
Gehbehinderte, bettlägerige oder operierte Patienten im Brandfall in Sicherheit zu bringen, benötigt sehr viel Zeit. Berechnungen von Experten zufolge kommen viele Gehbehinderte nur mit 0,5 Meter pro Sekunde voran. Verschärfend kommt hinzu, dass Brände oft nachts entstehen, wenn wenig Personal anwesend ist. Ein Schutzziel besteht hier deshalb darin, möglichst viel Zeit für Gegenmaßnahmen wie eine Räumung oder eine Evakuierung zu gewinnen. Die Voraussetzung dafür ist eine frühestmögliche, aber dennoch sichere Branddetektion. Parametergestützte Brandmelder können die dafür notwendige Detektionssicherheit gewährleisten. Eine automatische Alarmierung kann dann beispielsweise in das Schwesternzimmer erfolgen oder auch auf definierte Telefon- bzw. Mobilnummern.
► Öffentliche Bereiche und Wartezonen
In Krankenhäusern werden viele Behandlungen ambulant durchgeführt. Der Anteil an älteren Patienten und Besuchern wird der demographischen Entwicklung entsprechend zunehmen. Folglich sind bei der Planung solcher Bereiche gemäß DIN 18040 gesundheitliche Einschränkungen, insbesondere auch Sehbehinderungen oder Hörbehinderungen, zu berücksichtigen. Eine Zwei-Sinne-Alarmierung, zum Beispiel akustisch und optisch, erfüllt diese Anforderung. Doch auch Rauch schränkt die Orientierung ein und wirkt darüber hinaus für die Atemwege giftig. Automatisch angesteuerte Brandschutzklappen sorgen dafür, dass der gefährliche Rauch sich nicht weiter in den betroffenen Bereichen ausbreiten kann.
► Operationssäle und Intensivstationen
Operationssäle und Intensivstationen sind aus nachvollziehbaren Gründen nur extrem schwierig zu evakuieren. Außerdem würden die entsprechenden Kapazitäten nach einem Brandfall für längere Zeit nicht zur Verfügung stehen. Eine sehr schnelle und täuschungssichere Branderkennung ist in diesen sensiblen Bereichen deshalb besonders wichtig. Gleichzeitig erschweren die dort eingesetzten Lüftungsanlagen die Branddetektion. Die Antwort liefern hier Rauchansaugsysteme (Aspirating Smoke Detectors, ASD), die kontinuierlich Luftproben entnehmen und einer Auswerteeinheit zuführen.
► Technik- und EDV-Räume
Jedes Krankenhaus ist auf die Technik „hinter den Kulissen“ angewiesen. Bei Störungen sind die Ausfallkosten deshalb meist höher als der Sachschaden. Rauchansaugsysteme bieten auch hier eine gute Lösung – vor allem, wenn sie mit automatischen Gaslöschsystemen gekoppelt werden. Besondere Anforderungen sind in EDV-Räumen zu erfüllen, auch im Hinblick auf Datensicherheit und Cybersecurity. Der technische Brandschutz ist dort normalerweise in umfassendere Sicherheitskonzepte eingebettet.
Brandschutz in Krankenhäusern ist eine hochkomplexe Planungsaufgabe. Die zahlreichen gesetzlichen Vorgaben definieren jedoch nur Mindestanforderungen. Ein leistungsfähiges Brandschutzkonzept sollte deshalb alle Anwendungsszenarien berücksichtigen. Geeignete technische Lösungen lassen sich dabei oft schon mit vergleichsweise kleinem Aufwand realisieren.
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Bild: Carsten Meißner, Senior Consultant Safety Lifecycle Portfolio bei Siemens Smart Infrastructure, Deutschland
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