02.07.2003 • Medizintechnik

Silber schützt vor Bakterien

Nach einer Operation ist das Infektionsrisiko hoch. Patienten können sich mit Antibiotika-resistenten Bakterien infizieren. Um das zu vermeiden, setzt Bio-Gate GmbH aus Nürnberg auf Silber. Sie haben ein bewährtes Hausmittel zur Desinfektion durch Nanotechnologie wirksamer gemacht. Könige konnten es sich leisten: Sie aßen und tranken aus Silbergeschirr als Ausdruck von Reichtum, Macht und Würde. Das Edelmetall schützte auch vor Infektionen, denn Silber wirkt antimikrobiell.

"Die antiseptische Wirkung von Silber ist seit 3.000 Jahren bekannt. Ärzte setzten Silber und Silberverbindungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts zur aktiven Behandlung von Brandwunden und zur Desinfektion ein", erklärt Dr. Michael Wagener, Geschäftsführer der Bio-Gate GmbH. Auch unsere Urgroßmütter wussten das Edelmetall im Haushalt zu schätzen. Sie legten eine Silbermünze in die Blechkanne, damit sich die Milch länger hält. Doch mit der Entwicklung von Antibiotika geriet das alte Hausmittel in Vergessenheit. Seit rund 50 Jahren werden fast nur noch Antibiotika im Kampf gegen krankheitserregende Bakterien und Keime eingesetzt. Mittlerweile sind jedoch einige Mikroorganismen gegen diese Medikamente resistent. Die Antibiotika wirken nicht mehr.

Nanosilber
tötet Bakterien und Pilze

"Resistente Keime können lebensbedrohliche Infektionen hervorrufen", warnt Dr. Wagener. "Über kontaminierte Katheter oder Skalpelle können die Keime in den Körper gelangen. Mit dramatischen Folgen: Experten schätzen, dass in Deutschland jährlich 600.000 Patienten an nosokomialen Infektionen erkranken und der Krankenhausaufenthalt sich verlängert. Durch Entzündungen aufgrund infizierter Katheter sterben mehr Menschen als im Straßenverkehr", so Wagener. Um solche gefährlichen bakteriellen Infektionen zu vermeiden, entwickelt die Bio-Gate GmbH in Kooperation mit Wissenschaftlern der Fraunhofer Gesellschaft neuartige Nanokompositwerkstoffe.
Dabei greifen sie die antimikrobiellen Eigenschaften von Silber auf. "Wir integrieren metallisches Silber in die Oberflächen von medizinischen Komponenten. Beschichtet mit den winzigen Silberpartikeln haben die Bakterien auf den Pinzetten, Kathetern oder Implantaten kaum eine Chance zu überleben", beschreibt Wagener das Verfahren. "Die Nanoteilchen haben einen Durchmesser von wenigen Millionstel Millimetern. Wir können so die Werkstoffe fein und gleichmäßig beschichten." Die winzigen Silberpartikel (NanoSilver BG) geben kontinuierlich ausreichend positiv geladene Ionen ab, um es den Mikroben ungemütlich zu machen. An mehreren Stellen der Bakterienzellen greifen die Nanoteilchen gleichzeitig an. Sie zerstören die Enzyme, die die Nährstoffe für die Zelle transportieren, destabilisieren die Zellmembran, das Zellplasma oder die Zellwand, und stören deren Zellteilung und
-vermehrung. Diesen geballten Angriff überleben die Bakterien nicht. Mit Silber beschichtete medizinische Geräte bleiben daher keimfrei. Der Wirkungsgrad von Silber ist breiter als der von Antibiotika. "Allerdings muss die Konzentration des Silbers im Material genau bestimmt werden. Für eine Prothese ist eine andere Silbermenge notwendig, als für eine Pinzette. Wir berechnen die entsprechend dem Einsatzgebiet notwendige Menge der Silberteilchen", betont Wagener. Doch wie wird die richtige Silberkonzentration bestimmt? Die Firma Bio-Gate hat hierfür ein empfindliches Messverfahren entwickelt.
An bis zu 1.000 Proben pro Tag können die Forscher das bakterielle Wachstum auf verschiedensten Materialien wie Polymeren, Kunststoffen, Zementen, Folien, Granulaten, Metallen, Tüchern und Beschichtungen genau bestimmen. Die patentierte wissenschaftlich international anerkannte Technologie ist klinisch erprobt für Produktentwicklung, -optimierung und Qualitätskontrolle. Die Silbertechnologie wurde in den letzten Jahren insbesondere in Japan vorangetrieben. Zahlreiche Produkte rund um die Hygiene sind dort mittlerweile mit Silber oder Silberverbindungen ausgestattet. Auch in den USA ist ein eindeutiger Trend zur Anwendung von Silber, vor allem bei Wundauflagen, festzustellen.
Die Nanotechnologie eröffnet Anwendungsmöglichkeiten, die weit über den Einsatz in Krankenhäusern oder Arztpraxen hinausgehen. Die Mitarbeiter von Fraunhofer und der Bio-Gate GmbH entwickeln Werkstoffe, die auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. "Die antibakteriellen Eigenschaften sind für viele Produkte, besonders in hygieneintensiven Bereichen der häuslichen Pflege, in der Lebensmittelproduktion, im Haushalt oder in der Kosmetik von Nutzen, beispielsweise in Textilfasern für Heftpflaster, Unterwäsche und Damenbinden oder als Werkstoff für Filter und Dichtungen", beschreibt Dr. Peter Steinrücke, Geschäftsführer von Bio-Gate, das breite Einsatzspektrum der Silberionen.
Auch Kleidung wird mit Silberpartikeln ausgestattet. Die neue Hygiene-Faser soll bei Neurodermitis helfen oder vor allem bei Berufskleidung vor unerwünschten Mikroben schützen. Da die textile Faser waschbeständig antimikrobiell ausgestattet ist, lässt sich in der Krankenhauswäscherei Desinfektionsmittel einsparen.
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