Aus dem Machine-Vision-Bereich sind Anwendungen mit einer gezielt getriggerten Bilderfas-sung nicht wegzudenken. Dabei löst ein elektronisches, an den Kamera-Input angelegtes Signal (externer Trigger) die Aufzeichnung eines einzelnen oder mehrerer Bilder aus. Die Möglich-keiten, einen Auslöseimpuls zu generieren, reichen von optischen (Lichtschranken, Kreuz-sensoren, Laser, Bewegungsmelder, …) über akustische Sensoren bis hin zu Software-gesteuerten Triggern (Algorithmen, z.B. zur Definition von Auslösewerten oder Erreichen eines Schwellenwertes). In der industriellen Inspektion kommt die Trigger-Funktionalität insbesondere für das Aufnehmen und Analysieren sich schnell bewegender Objekte zum Einsatz, sei es im freien Fall oder auf einem Fließband. Präzises Timing spielt auch eine große Rolle bei Multi-Kamerasystemen, bei denen mehrere Kameras die Bildaufnahme aus verschiedenen Perspektiven exakt im selben Augenblick starten sollen. Um dabei z.B. eine perfekte 3D-Darstellung zu erhalten, ist die optimale Auslösesteuerung unentbehrlich. Weitere Anwendungsszenarien sind von Ereig-nissen unterbrochene Daueraufnahmen oder unregelmäßig auftretende Auslöseereignisse.
All das sind Standardszenarien für die herkömmliche industrielle Bildverarbeitung. Vor dem Hintergrund des technischen Wandels für Bildverarbeitungsanwendungen von PC-basierten zu Embedded-Systemen ergeben sich jedoch ganz neue Herausforderungen.
Trend von PC-basierten zu Embedded-Systemen
In die Welt der industriellen Bildverarbeitung halten – auch wegen der zunehmenden Leistungsfähigkeit der Embedded-Systeme – vermehrt Embedded-Vision-Lösungen Einzug. Die Vorteile dieser Lösungen, wie etwa niedrige Systemkosten, geringer Energieverbrauch und ein kompaktes Design (SWaP-Faktor: reduced Size, Weight and Power) machen einen Wechsel von PC-basierten zu Embedded-Lösungen auch im industriellen Bereich interessant.
Selbstverständlich haben jede Anwendung und jedes System individuelle Anforderungen und jedes einzelne System muss spezifisch analysiert und ausgelegt werden. Die besonderen Vorteile von Embedded-Kameramodulen im Vergleich zu PC-basierten Systemen liegen vor allem in der geringen Größe und dem geringen Gewicht, die sich u.a. durch ein gehäuseloses Design und die kompakten Maße des Boards ergeben. Der geringere Stromverbrauch kommt zum Tragen, wenn Hitzeentwicklung in kompakten Systemen vermieden werden soll, oder eine lange Laufdauer bei mobilen Anwendungen das Ziel ist, etwa im Batteriebetrieb. Zudem sind Embedded-Systeme um einiges kostengünstiger als PC-basierte Lösungen.
Die von der MIPI Alliance definierte und in Embedded-Systemen weit verbreitete Schnittstelle MIPI CSI-2 mit D-PHY bringt den Vorteil mit sich, dass sie im Vergleich zu anderen Schnittstellen über eine hohe Bandbreite verfügt. Die häufigste Ausprägung ist Version 1.1, die bei vier Datensträngen (Lanes) bis zu 6 Gbit/s Durchsatz erreicht (1.5 Gbit/s pro Lane). Charakteristisch für Embedded-Systeme ist zudem die Flexibilität und Offenheit der Systeme, was Systementwicklern die volle Kontrolle über das Gesamtsystem gibt. Auf Linux basierend und zumeist Open Source können sie die notwendigen Software-Bausteine schnell implementieren und bei Bedarf ändern.
Dem entgegenzusetzen ist die immer noch schwächere, aber für zahlreiche Vision-Anwendungen völlig ausreichende Leistungsfähigkeit von Embedded-Systemen.
Triggern in Embedded-Vision-Anwendungen
Viele Argumente sprechen also für den Einsatz von Embedded-Systemen. Doch so attraktiv diese Alternativen auch sind, Standardfunktionalitäten aus dem Machine-Vision-Bereich sucht man häufig vergebens. Auch bei den Anforderungen zum Auslöseverhalten beim Bildeinzug stoßen die meisten Embedded-Sensormodule an ihre Grenzen.
Da einfache Sensormodule über keinen ISP verfügen, hängt die Trigger-Funktion von den Fähigkeiten der Sensoren selbst und der Unterstützung durch den Kameratreiber ab. Und wenn getriggert werden kann, funktioniert dies oftmals nur entweder über einen Hardware- oder einen Software-Trigger, was die Bandbreite der möglichen Anwendungen reduziert.
In Embedded-Systemen hat sich für die Anbindung von Sensor- oder Kameramodulen die MIPI-CSI-2-Schnittstelle etabliert. Das in Embedded-Systemen häufig verwendete Programmierframework Video4Linux 2 (V4L2) sieht keine Funktionalität zum Auslösen eines Bildeinzugs vor.
Bestehende Lösungen, um Bildeinzüge zu synchronisieren, die häufig mit der Trigger-Funktionalität gleichgesetzt werden, benötigen nach dem Start der Bildaufnahme einige Frames, bis sie sich mit der externen Trigger-Quelle synchronisiert haben. Auch die Steuerung der Kamera gestaltet sich schwierig oder aufwändig.
Triggern mittels CSI-2
Die beiden CSI-2-Kameraserien Alvium 1500 C und Alvium 1800 C von Allied Vision lösen dieses Dilemma nun auf: Sie lassen sich Hardware- und Software-gesteuert triggern. Diese Funktion ermöglicht das Starten einer Belichtung durch einen externen Hardware- oder einen Software-Trigger. Die externe Trigger-Quelle lässt sich entweder über ein Adapterboard (z.B. Allied Visions Jetson Nano Adapter Board oder das Jetson TX2 Adapter Board) oder direkt auf dem Embedded Board mit der Kamera verbinden.
Der Anwender kann die Kamera über V4L2 oder über den direkten Zugriff auf die Register (DRA) für die Kamerasteuerung kontrollieren. Ist der Trigger-Modus aktiv, kann er zwischen einem Hardware- oder Software-Trigger wählen. Bei ersterem kann die aktive Flanke des Signals gewählt werden (rising, falling, any edge). Die ganze Funktion wird über den Treiber zur Verfügung gestellt, der für alle Nvidia-Jetson-Systeme (Nano, TX2, Xavier NX, AGX Xavier) auf Github zum Download oder zur Kompilierung als open source bereitsteht. Momentan wird bereits die Nvidia Jetpack Version 4.4.1 unterstützt, in Kürze folgt das Treiberupdate auf Jetpack 4.5.
Systementwickler müssen also nicht mehr zwischen dem Vorhandensein der in Machine-Vision-Anwendungen gängigen Trigger-Funktionalität und den Vorteilen eines Embedded-Vision-Systems abwägen. Mit den Alvium-CSI-2-Kameras erhalten sie beides: leistungsstarke langlebige Industriequalität und die kommerziellen und technischen Eigenschaften eines Embedded-Kameramoduls. Durch die Alvium-Plattformtechnologie der Kameraserien lassen sich alle Alvium--CSI-Kameramodelle für eine auslösegesteuerte Anwendung nutzen und z.B. zu einem späteren Zeitpunkt in der Systementwicklung austauschen – auch durch den für alle Alvium-Kameras und Nvidia-Jetson-Systeme einheitlichen Treiber. Die Auswahl an Kameramodellen umfasst dabei Hochleistungssensoren von Sony und ON Semiconductors sowie zahlreiche Hardware-Varianten wie Objektiv-Mounts oder Gehäuse. Neben dem C- und CS-Mount ist auch ein S-Mount verfügbar, das den Einsatz vergleichsweise günstiger Optiken zulässt. Damit ermöglicht die Alvium-Plattform mit ihren CSI-2- und USB-Kameraserien Anwendern, die aus dem Machine-Vision-Markt heraus in das Feld Embedded Vision vorstoßen möchten, eine einfache Migration ihres Systems.
Die Autorin
Nathalie Többen, Marketing Manager