Kennzahlen sollen Abweichungen vom Sollprozess zeitnah und möglichst genau abbilden. Sie müssen reproduzierbar sein. Im Rahmen der Arbeit des Expertenkreises OP-Effizienz herrscht derzeit ein enger Austausch mit zahlreichen OP-Leitungen und externen Praktikern aus dem deutschsprachigen Raum zur Finalisierung eines ganzheitlichen Kennzahlensystems für den OP. Eine Ausführliche Darstellung der Thematik ist hier als Whitepaper verfügbar.
Nach detaillierter Analyse der strategischen Ziele relevanter Prozesse im OP sowie der Festlegung von Messgrößen und Kennzahlen wird derzeit eine Balanced Scorecard als Kennzahlensystem explizit für den OP entwickelt. Sie basiert nicht auf unabhängig voneinander existierenden Einzelkennzahlen, sondern verfolgt einen übergreifenden, ganzheitlichen Ansatz, der es ermöglicht, die Leistungen und Anforderungen im Gesamtkontext zu betrachten. Die OP-BSC wird nicht ausschließlich auf die Leistungsprozesse unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eingehen, sondern auch den Patienten in den Fokus stellen.
Ein ganzheitliches Kennzahlensystem für die OP-Effizienz
Es existieren bereits Ansätze für Kennzahlen und Indikatoren im Krankenhaus. Diese bestehen jedoch meist aus Einzelkennzahlen, die nach Einschätzung vieler Experten keine Betrachtung des komplexen Systems OP mit seinen Ursachen, Wirkungen und Abhängigkeiten als Ganzes erlauben. Der 2010 mit Unterstützung von Mölnlycke Health Care gegründete ?Expertenkreis OP-Effizienz" hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, eine Matrix zu entwickeln, die über die Grenzen herkömmlicher Arbeit mit Kennzahlen hinausgeht und nicht nur Einzelkennzahlen fokussiert, sondern die Entwicklungen der Kennzahlen in ihrem Zusammenhang (Wirkungsvermutung) berücksichtigt.
Beispiele von Einzelzahlbetrachtungen. Eine häufig verwendete Kennzahl ist die der OP-Auslastung. Aber was bedeutet der Wert von 50% Auslastung? Ist das gut oder schlecht? Ist eine Interpretation ohne Berücksichtigung der operierenden Fachdisziplin, der Qualifikation der Operateure, der durchschnittlichen OP-Dauer oder der personellen Situation überhaupt seriös möglich, oder erlaubt die isolierte Betrachtung der Sachmittelkosten im OP ohne Berücksichtigung der Ergebnisqualität die richtigen Schlussfolgerungen?
Die Balanced-Scorecard für OP-Effizienz
Ein mehrdimensional aufgestelltes Messinstrument muss die Ziele der Krankenhausleitung, der Personalentwicklung sowie die Patientensicht in sich vereinen. Entscheidend ist, dass die verwendeten Kennzahlen ein objektives Bild der Leistung und abgebildeten Prozessabläufe widerspiegeln. Der Expertenkreis OP-Effizienz erstellt auf Basis von Befragungen und Feedbackrunden von über 75 OP-Leitungen eine BSC für den OP-Bereich, die ganzheitlich KH-Parameter aufführt und nutzt und mit der allgemeinen KH-BSC verzahnt werden kann. Sie soll die notwendigen Daten zur Prozess-Optimierung und Workflow-Steuerung im OP-Bereich zur Verfügung stellen und folgende Aspekte berücksichtigen:
Methodisches Vorgehen zur Entwicklung einer OP-BSC
In der Folge wurden die vier Perspektiven im System der BSC für den OP definiert. Daraus abgeleitet wurden konkrete Kennzahlen und Indikatoren aus dem mehrdimensionalen Ansatz der OP-BSC (Abb.1).
Bei einer konsequenten Anwendung kann die BSC grundlegende Aspekte der OP-Steuerung erfüllen: Analyse des Status Quo durch geeignete Kennzahlen, Identifizierung von Potential zur Optimierung und Erarbeiten von Vorgaben, Steuerung der OP-Abläufe und Sicherstellung der Ziele, Optimierung der für den Unternehmenserfolg relevanten Prozesse. Aufgrund der Vielzahl an personengesteuerten Prozessen hat der Erhalt bzw. sogar die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit hohe Priorität (Einbindung Mitarbeiter in Steuerungssysteme, Transparenz Prozessoptimierung etc.).
Die BSC sollte als ganzheitliches Kennzahlensystem crossfunktionale Zusammenhänge sowohl aus kaufmännischer als auch aus OP-Sicht darstellen und damit die Interessen von der Geschäftsführung bis zur OP-Pflege widerspiegeln. Der Kreis der Adressaten ist demnach vom OP-Management bis zur kaufmännischen Leitung des Krankenhauses weit gefasst.
Literatur
beteiligte Autoren:
Prof. Michael Greiling (Fachhochschule Gelsenkirchen), Prof. Thomas Busse (Fachhochschule in Frankfurt/Main), Dr. Evangelos Tsekos (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), Carmen Fromme (Universitätsklinikum Tübingen), Bradley P. Gould (Geschäftsführer Prospitalia GmbH), Dr. Oliver Gründel (AGKAMED), Dr. Ulrich Wenning (Hamburg), Dr. Ansgar Klemann (St. Franziskus-Hospital GmbH, Münster), Prof. Dr. Wolfram Trudo Knoefel (Universitätsklinikum Düsseldorf), Christian Roleff, Steven Anderson (beide Mölnlycke Health Care).