20.01.2010 • Analytik • Anlagen und Komponenten

Produktformulierung in Sprühwirbelschichten

Moderne Wirbelschichtverfahren werden in Industrie und Forschung eingesetzt, um die physikalischen und anwendungstechnischen Eigenschaften fester Produkte gezielt zu gestalten. Bei all diesen Prozessen werden Flüssigkeiten in Wirbelschichten eingesprüht, um definierte Partikelstrukturen herzustellen oder funktionelle Schichten auf Partikeln aufzubauen.

In der Abbildung 1 wurden einige solche Prozessvarianten zusammengefasst. Ausgehend von den grundsätzlichen verfahrenstechnischen Mechanismen wird auf unterschiedliche Produktformen eingegangen.

Die den meisten Anwendungen zugrundeliegenden Verfahren lassen sich durch unterschiedliche Kombinationen der Verarbeitung von festen und/oder flüssigen Rohmaterialien sowie von eventuell erforderlichen Hilfsstoffen abbilden. Davon ausgehend werden die häufigsten Prozesse als Agglomeration, Sprühgranulation, Coating, Verkapselung sowie Pulverbeschichtung bezeichnet.

Fluidisierte Pulver oder Pulvergemische werden bei Agglomerationsprozessen miteinander verbunden, in dem durch Flüssigkeitseindüsung in die Wirbelschicht stabile Bindungen zwischen Feinpartikeln aufgebaut werden. Dies kann durch das Einsprühen von Wasser oder auch unter Zuhilfenahme von flüssigen Bindemitteln erfolgen, die die Haftkräfte bei nicht ausreichendem eigenem Klebevermögen der eingesetzten Pulver verstärken.

Demgegenüber werden im Fall der Sprühgranulation ausschließlich flüssige Rohstoffe (Lösungen, Suspensionen, Schmelzen, Emulsionen etc.) auf fluidisierte Partikel aufgesprüht. Das Lösungsmittel (z.B. Wasser) verdampft an deren Oberfläche, der zurückbleibende Feststoff bleibt haften und die Teilchengröße wächst schalenweise an. Die für diese Art der Prozessführung erforderlichen sogenannten Granulationskerne werden entweder durch Sprühtrocknung eines Teils der Sprühflüssigkeit im Wirbelschichtapparat selbst oder durch Teilrückführung von zerkleinerten Partikeln aus dem Endprodukt gewonnen.

Dieses Verfahren eignet sich durch die homogene und sehr dichte Partikelstruktur auch hervorragend zur Verkapselung von Flüssigkeiten. Hierbei wird ein Wert- oder Aktivstoff feinverteilt in eine Matrixflüssigkeit, beispielsweise in Form einer Emulsion, eingebettet. Durch den sich anschließenden Partikelbildungsprozess durch Sprühgranulation entstehen kompakte Teilchen, die den Wert- oder Aktivstoff gleichmäßig verteilt in ihrem Volumen enthalten.

Weiterhin wird in der Abbildung 1 das Prinzip des Coatings dargestellt. Fluidisierbare Teilchen erhalten durch das Aufsprühen einer oder mehrerer feststoffhaltiger Flüssigkeiten eine oder auch mehrere feste Hüllen. Mit Hilfe dieses Prozesses können funktionelle Schichten (z.B. zur Retardierung, Geschmacksmaskierung o.ä.) um vorgelegte Startpartikel aufgebaut werden.

Eine sehr spezielle Verfahrensoption stellt das Pulverbeschichten dar. Hierbei entstehen ähnlich wie beim Coating eine oder mehrere Hüllen, indem feindisperse Pulver unter Einbeziehung eines Bindemittels an gröbere Partikel angelagert werden. Diese Methode kann sehr energieeffizient ausgeführt werden, da nur relativ geringe Verdampfungsleistungen erforderlich sind.

Zur technischen Umsetzung dieser partikelbildenden Prozesse stehen inzwischen unterschiedliche Apparatebauweisen zur Verfügung, wie sie in der Abbildung 2 dargestellt sind. Je nach Produktionsregime können sowohl chargenweise (WSG, GPCG, Rotor) oder kontinuierlich arbeitende Apparate (GF, AGT, ProCell) eingesetzt werden. Anwendungsspezifische Anforderungen seitens der gewünschten Produkteigenschaften, die Variabilität der auszuführenden Prozessvarianten, die Häufigkeit von Produktwechseln aber auch der Produktionskapazität sowie anderen Randbedingungen bestimmen die Apparatekonfiguration und deren Dimensionierung.

Flexible und universelle Einsetzbarkeit zählt zu den vielen Vorteilen der Wirbelschichttechnik. Das bedeutet, dass sich unterschiedliche Produktformen in einem Apparat herstellen lassen. Durch die definierte Einstellung von Prozessparametern lassen sich die Bedingungen zur Formgebung der Partikel gezielt beeinflussen. So ist beispielsweise ein fließender Übergang zwischen Agglomerations- und Sprühgranulationsprozessen möglich. Hierfür variiert man das Verhältnis zwischen in fester Form (z.B. Pulver, Kristalle, Stäube, …) zugeführter und als Flüssigkeit eingesprühter Rohstoffe. Auf diese Weise können Produkteigenschaften wie z.B. Schüttdichte, Porosität und Partikelform eingestellt werden. Diese Änderungen der physikalischen Parameter haben unmittelbaren Einfluss auf die anwendungstechnischen Eigenschaften der hergestellten Produkte. So ermöglichen agglomerierte Produkte durch ihre große spezifische Oberfläche ein sehr gutes Auflösungs- und Instantverhalten. Demgegenüber bieten durch Sprühgranulation erzeugte Partikel ein Minimum an spezifischer Oberfläche, was Vorteile zum Beispiel hinsichtlich der Verringerung der Hygroskopizität von Substanzen mit sich bringt.

Einige Teilmechanismen der Partikelbildung in einem Wirbelschichtapparat sind in Abbildung 3 grafisch vorgestellt worden. Die Herstellung verschiedener Produktformen in einem vorhandenen Apparat kann allein durch Anpassung verfahrenstechnischer Parameter erfolgen.

Jede Anwendung setzt sich aus einzelnen Mechanismen zusammen, die durch die Wirbelschicht (rechter Bereich der Abbildung 3) sowie durch die Flüssigkeitseindüsung (linker Bereich der Abbildung 3) bestimmt werden.
So arbeiten die meisten Wirbelschichtanwendungen im sogenannten blasenbildenden Strömungsregime, bei dem die Aufwirbelung der Teilchen im Prozessraum ist sehr stark ist und es zu intensiven Kontakten zwischen den Partikeln kommt.

In die aufgelockerte Partikelmenge erfolgt die Eindüsung von Flüssigkeit. Je nach der Art der fluidisierten Partikel dringt diese in die Poren der Teilchen ein, können sich Flüssigkeitsbrücken aufbauen oder sich Flüssigkeiten an deren Oberfläche anlagern.

Durch ideale Voraussetzungen für intensive Wärme- und Stoffaustauschprozesse können Trocknungs- oder Erstarrungsprozesse sehr effektiv ablaufen und gleichzeitig durch die definiert einstellbaren Prozessbedingungen beeinflusst werden.

Während der Formgebung der Partikel im Prozessraum stehen sich Bindungs-und Scherkräfte gegenüber. Mittels Eindüsung entstehen Flüssigkeitsbrücken, die Bindungskräfte zwischen den Teilchen bewirken. Dem gegenüber erzeugt die intensive Partikelbewegung in der Wirbelschicht Scherkräfte. Überwiegen die Scherkräfte verhindert die Zerstörung der Flüssigkeitsbrücken die Vereinigung von mehreren Partikeln zu Agglomeraten. Die eingesprühte Flüssigkeit verteilt sich in diesem Fall an der Oberfläche einzelner Teilchen und verfestigt sich dort. Auf diese Weise wächst das Granulat nach dem Prinzip der Sprühgranulation. Dominieren die Bindungskräfte den Prozess, können durch Zusammenfügen von Feinpartikeln gröbere poröse Aggregate entstehen.

Somit ist die Sprühwirbelschicht eine sehr effektives und flexibles Verfahren, um über die Variation von verschieden Prozessparametern, durch eine gezielte Auswahl der Rohstoffkombinationen bzw. der Rezepturen gezielt die erwünschten Produkteigenschaften einzustellen.

Die Wirbelschichttechnologie schafft weitreichende Möglichkeiten, innovative Produkte zu entwickeln und herzustellen. Die genaue Kenntnis von Stoffeigenschaften sowie das dazugehörige verfahrenstechnische Wissen zur Technologie bilden dabei eine untrennbare Einheit.
 

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